man sollte nicht schreiben


man sollte nicht schreiben
in der umnachtung des schlafes

färbt die schwärze alle wörter
gebärden sich wie kleine mörder

nur über der senke
blüht schon erster schnee


Gabriele Pflug

himmel II


du schreibst dich
ins gedächtnis
der gräser, der bäume
eine ganze zeile füllst du
mit dem wort himmel

und dennoch bleibt
die finsternis
beständig hinter der tür
ein fühlbares schwarz
 
(aus der blauen reihe/himmelsgedichte)
Gabriele Pflug

herzenswünsche


von den albatrossen
die blaue losung erbitten

keine mitte anstreben heute
mit geschlossenen augen
das dunkle ausleuchten

gesprochene gedanken
nach glaubhaftigkeit abklopfen

die abgelaufene zeit
wieder händisch aufziehen

dem schnurren der rädchen lauschen
 
Gabriele Pflug

im licht des lebens


der wind, der über dem feld steht
die sterne, ihr wimpernschlag in der nacht
alle geschöpfe, behauste
und unsichtbare
führen uns zu uns
alle bäume und menschen, ihre sprache
im regen im licht alle worte
die trösten die wärmen, alle namen
schreiben sich in die haut am ende
füllen sie uns bis zum grund
Gabriele Pflug

eine liebe im herbst


du bist jene, die aus dem schatten stieg
heute morgen, schweigsam mit hellem kleid
und langem haar im vorübergehen
als hätte ein stern dich gestreift
blitzte deine gestalt, trugst etwas fremdes
vor dir her, schalen mit herbstfeuern
gerüche von äpfeln umspülten deine schritte
geheimnisvolle, dein lächeln galt nur mir
unruhig wurde mein herz, ein sturm kam auf
doch kein blatt bewegte sich unter deinem fuß
glimmte das feld ockerfarben wie deine haut

jetzt ein gedicht schreiben auf deine augen
die leise bewegung des arms
kaum hatte ich mich gefangen
hing noch ein duft von rosen
und harz im birkengeflecht
 
Gabriele Pflug

himmel auf papier


ein bogen papier
streift den himmel
und es beginnt
zu regnen, wörter

elemente des lebens
 
Gabriele Pflug

der gott meiner mutter


trägt einen langen bart
in dem sich die sünden
der abtrünnigen verfangen
seine augen sind hohl
von schrecklichen träumen

manchmal kommt
ihm schon was durcheinander
in die jahre gekommen, wie sie
hört und sieht er immer schlechter
kein wunder, dass die welt
solch ein tollhaus geworden


Gabriele Pflug